Recherchieren, Kochen und Fotografieren was das Zeug hält
Immer schon träumten Ralf Kramp, Carsten S. Henn und ich von einem besonderen Krimikochbuch, das auch als Nachschlagewerk standhält. Manchmal muss man einfach seine Wünsche mitteilen und feststellen, dass man bereits Gleichgesinnte und ein gutes Team für das Projekt zusammen hat.
Wie es immer so ist: vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt und es war nicht immer leicht bei einem so umfangreichen Projekt, dessen Idee im April 2020 im ersten Lockdown, entstand, den Überblick zu bewahren. Denn nach einer rudimentären Ideen-Sammlung (Was isst oder trinkt welcher Ermittler? Und was genießen die Schurken?) stellten wir fest, dass das Feld viel weiter ist als wir zunächst annahmen. Und dass es viel zu viele Eiergerichte gibt!
Überblick behalten
Kriterien mussten also her und da war Ralf Kramp, der selbst Krimiautor ist und mit seiner Frau Monika in Hillesheim das Kriminalhaus mit 30.000 Bänden, somit die in Deutschland größte öffentliche Kriminalbibliothek besitzt, streng mit sich und den Co-Autoren. Nur, was wirklich auf Zitaten und Textquellen aus den Original-Werken fußt und auch der Bezeichnung „Speise“ standhält, sollte eine Rezept-Doppelseite im Buch bekommen. Darüber hinaus haben wir Getränke, bei denen sich Krimi-Autor und Weinjournalist Carsten S. Henn besonders gut auskennt, oder auch Rezepte wie „Kojak’s Lollis“ oder Jacques Berndorfs „Spiegeleier à la Gloria Gaynor“ in Form von Infokästen einfließen lassen.
Gelingsichere Rezepte
Als der Rezeptekanon stand, ging es ans Strukturieren der Kapitel, die von Frühstück bis Dessert für jede Mahlzeit kriminelle Speisen bereithalten. Es folgten die Rezeptsuche und das Probekochen. Denn die wenigsten Krimis enthalten ein vollständiges Rezept mit Mengenangaben zum Nachkochen. Selbstverständlich – und das war unser Anspruch – sollten die Speisen darüber hinaus einfach nachzukochen, also gelingsicher sein. Das wohl heikelste Rezept in der Umsetzung war die Eisbombe „Bombe Richelieu“, ein Fantasie-Rezept aus dem Film „Die Schlemmerorgie“. Denn im Film ist die Torte tischgroß, sodass ein Sprengsatz hineinpasst, und sie ist zudem aufwändigst dekoriert. Das Rezept haben wir uns dann quasi bis zum Schluss aufgehoben. Und hier muss man sagen: Chapeau! Ralf Kramp, der genau wie Carsten S. Henn und ich, ein begnadeter Hobbykoch ist, hat unter immensem Zeitdruck liebevoll aus Fondant Tortenkrone und Spitzen-Verzierung gebastelt, die dem Original sehr nahe kommt – eben nur im Maßstab 1:20.
Requisitensammlung des Kriminalhauses
Last but not least – isst ja auch noch das Auge mit, sodass wir überlegen mussten, wie wir die Rezepte am besten in Szene setzen. Bei einem Krimi-Kochbuch liegt es auf der Hand, die typischen Merkmale der Schnüffler und Schurken mit ins Bild zu bringen. Und da hat uns die umfangreiche Sammlung des Kriminalhauses in Hillesheim geholfen. Ralf und Monika Kramp tragen seit über zwei Jahrzehnten Requisiten aus Original-Filmen und Serien zusammen und haben sogenannte Thementische in ihrem Caf`é Sherlock damit bestückt. Und so war natürlich vieles vorhanden: Für Columbo’s Chili hatten wir eine Zigarre mit Streichholzpackung seines Lieblingslokals, der berühmten Barney’s Beanery am Santa Monica Boulevard. Für „Muschis Gulasch“, eine Eifeler Spezialität aus der Crime-Comedy-Serie „Mord mit Aussicht“, sogar das original Notizbuch von Polizeiobermeister Dietmar Schäffer.
Und was nicht da war, wurde kurzerhand angefordert. Ralf Kramp nahm Kontakt auf zu Gustl Gotzler, dem ehemaligen Aufnahmeleiter der Serie „Der Kommissar“, und zu Bernd Malkus, dem ehemaligen Küchenchef der Kantine des Polizeipräsidiums in München, wo in etlichen Folgen „authentisch mit Publikum“ gedreht wurde. Und so kamen wir an einen Speiseplan mit typischen Gerichten aus der Kantine. Und tatsächlich servierte man hier in den 1970er Jahren die famose bayerische „Leberknödelsuppe“, die wir neben der Curry-Wurst, die gerne im Kölner „Tatort“ nach Feierabend an der berühmten Wurstbraterei mit Blick auf den Dom eingenommen wird, als deutsche Ermittler-Speisen mit in das Buch aufgenommen haben.
Um die Lieblingsgetränke der Ermittler und Schurken kümmerte sich Wein-Experte Carsten S. Henn und fand raus: Columbo, Wallander und Hannibal Lecter haben eines gemeinsam: sie trinken gerne Rotwein. Aber auch Kaffee, Tee, (Ginger-)Bier, Holunderwein, Likör, diverse Cocktails, Brandy und Whisky zählen zu den kriminellen Getränken.
Kurzum: Es gibt keinen Tisch im Café Sherlock des Kriminalhauses, an dem wir nicht eine Speise inszeniert oder auch probiert hätten. Und: wir haben weder Mühen noch Kosten gescheut, um das Buch so authentisch wirken zu lassen wie möglich. So sind auf 168 Seiten neben 40 Rezepten mit Foto der Speise auch jede Menge original Fotos aus Filmen und Serien eingeflossen. Sabine Hockertz in der „Grafikküche“ hat unseren verschiedenen Krimi-Buch-Elementen dann den letzten Schliff gegeben und jedes Kapitel optisch überzeugend eingerahmt. Das Team vom KBV-Verlag hat während der Aufnahmen topfwarm von den kriminellen Speisen probieren dürfen und sogar „Hühnerlebern“ wie bei Sam Spade oder „Scrapple“ wie bei Philip Marlowe – die das amerikanische Frühstück bereichern, fanden regen Zuspruch.
Das Kriminalhaus in Hillesheim … der Gastraum des Café Sherlock, wo es im Übrigen Columbo’s Chili auf der Karte gibt. Leberknödelsuppe auf Kantinentablett … und das am Tisch des Orient-Express!
Und welchem Krimi-Fan wird es nicht gleich warm ums Herz, wenn er bekannte Textstellen und Sequenzen mit Schnüfflern und Schurken von anno tobac und von heute wiedererkennt und nun auch gleich das passende Rezept dazu nachkochen kann? Garantiert giftfrei und gelingsicher.
(c) Fotos vom Making of: Ralf Kramp und Ira Schneider
Ein Interview mit den Autoren findet Ihr unter folgendem Link und einen Trailer mit Blick ins Buch hier.
Das kriminelle Kochbuch
Killer, Schnüffler und Rezepte
Kramp – Schneider – Henn
Hardcover, 168 Seiten
erschienen im KBV-Verlag, Hillesheim
ISBN 978-3-95441-545-8
30,00 Euro (D)