Von Krüperhuhn bis Schanzenbrot

Vielfalt erleben – das Leben auf einem Arche-Hof

Auf dem Arche-Hof Windeck von Lisa Anschütz und Karl-Josef Groß wird Vielfalt in vielerlei Hinsicht groß geschrieben. Auf ihrem 40 Hektar großen Hof in Kohlberg züchtet die Familie im Nebenerwerb vor allem alte und vom Aussterben bedrohte Haustierrassen wie Glanrinder, Bentheimer Landschafe, schwarze Bronzeputen oder Krüper-Hühner. Die Tiere werden wie früher auf dem Hof geschlachtet, „von der Schnauze bis zum Schwanz“ verwertet. Jeden zweiten und vierten Samstag im Monat duftet es genau wie früher. Denn dann ist Backtag. Neben einem Bauerngarten nach Vorbild ihrer Vorfahren hat die Familie auch ein Backhaus mit Holzofen, wie es in ländlichen Gegenden als Hofbackes oder Gemeinschaftsbackhaus existierte, beibehalten.  

Extensive Landwirtschaft

Mit ihrem Arche-Hof haben sich Lisa Anschütz und Karl-Josef Groß auf eine nachhaltige Fleischerzeugung spezialisiert. Das Futter für die Tiere wird auf den umliegenden Äckern selbst angebaut. Zur artgerechten Tierhaltung zählt für den Betrieb auch ein eigenes EU-zertifiziertes Schlachthaus, das 2011/2012 gemäß der neuesten Richtlinien gebaut werden musste, um ihre Tiere ohne Stress wie früher auf dem Hof schlachten zu dürfen. Nach dem Slow Food-Motto „Schützen durch Nützen“ verkaufen Lisa Anschütz und Karl-Josef Groß das Fleisch von ihren seltenen Rassen an Stammkunden aus der näheren Umgebung, außerdem selbstgemachte Nudeln von Knickeiern. Lisa Anschütz verarbeitet gerne das Obst von ihren Streuobstwiesen und das Gemüse aus dem Bauerngarten in ihrer Einmachküche und auch ihre Tiere werden wie früher „von der Schnauze bis zum Schwanz“ verwertet. Und so spinnt die Landwirtin in ihrer Freizeit Wolle, fertigt Kleidung, Schuhe, Kissen und Sitzmöbel aus der Wolle und dem Leder. Für ihre nachhaltigen Ideen erhielt sie sogar mehrfach den Arca Deli- Award der Save Foundation, die sich für die Sicherung der landwirtschaftlichen Artenvielfalt in Europa einsetzt.

Ein Backtag wie früher …

„Meine Großmutter und meine Eltern haben hier auf dem Hof ihr ganzes Leben lang selbst Brot gebacken. Diese Tradition stand bei uns nie still“, so Karl-Josef Groß. In den 1960er Jahren, so erzählt Lisa Anschütz, seien im Zuge von Renovierungen viele Backhäuser und Öfen aus den Dörfern und von den Höfen entfernt worden. Beide beobachten nun erfreut, dass sich seit Kurzem, vor allem im benachbarten Westerwald und Siegerland, wieder Privatleute und Dorfvereine für den Wiederaufbau von Hof- und Dorfbackhäusern stark gemacht haben. „Früher hatte jeder größere Bauernhof hier in der Gegend ein eigenes Backes. Meine Großeltern backten 20 bis 30 Kilogramm Teig, das sind gut 10 Brotlaibe à 2 Kilo für den eigenen Bedarf. Die Ration reichte für gut zwei Wochen, dazu backte man auch einige Graubrote, Platz und in der Nachwärme des Ofens Potthucke und Hefestreuselkuchen fürs Wochenende. Die Schwarzbrot-Laibe wurden übrigens sehr dunkel gebacken und im Keller auf Brettern gelagert. Beim Brotschneiden platzte die schwarze Kruste zum Teil ab. Im Inneren war das Brot trotz der Lagerung sehr frisch und saftig“, erinnert sich der 63-jährige Landwirt. Auch heute noch läuft das Back-Event ähnlich ab wie früher und nimmt die ganze Aufmerksamkeit der Familie in Anspruch.

„Etwa drei bis vier Stunden vor dem Backen heizt mein Mann den Ofen mit Schanzen, also Bündeln aus dünnen Reisern, an. Diese wurden früher von den Kindern im Wald gesammelt. Denn man brauchte sie auch, um den Kohlenherd anzufeuern. Der Elektro-Herd kam ja erst in den 1960er Jahren hier auf den Hof, fast zeitgleich mit dem Kühlschrank“, so Lisa Anschütz. Während der Ofen aufheizt, wird aus Roggenmehl, Roggenschrot, Salz, Wasser und Roggensauerteig das typische Roggenvollkornbrot bereitet, welches auch als Schanzenbrot bekannt ist. Der Teig muss eine Stunde ruhen, bevor er portioniert und zu Laiben aufgearbeitet wird. Diese müssen abermals im Teigkörbchen gehen. Erst dann kann das Brot – mit gebackenem Mehl oder Schrot bestreut – in den Ofen eingeschoben werden. Die Roggenvollkornbrote sind nach einer guten Stunde gar und durch den selbstgeführten Sauerteig, die natürlichen Zutaten ohne jegliche Hilfsstoffe, die lange Ruhezeit und den Schanzenrauch hocharomatisch. Mehr zum Brotbacken und zu den Rezepten gibt es demnächst in dem Band „Bergische Küchenklassiker – Das Backbuch“ (erscheint im Juni 2020 im Wartberg Verlag).

Der Arche-Hof Windeck – die rühmliche Ausnahme

Ein Hof wie der von Lisa Anschütz und Karl-Josef Groß ist eine rühmliche Ausnahme in der heutigen Zeit, die dem privaten Interesse und Engagement des Nebenerwerbsbetriebs geschuldet ist und daher auch Schulklassen und Kindergärten gerne Einblick in die extensive Landwirtschaft mit ihrem abwechslungsreichen Tier- und Pflanzenbestand gewährt. „Während meine Eltern und Großeltern von 20 Hektar und 10 Milchkühen im Vollerwerb leben konnten, funktioniert das heute nicht mehr und schon gar nicht mit Milcherzeugung“, resümiert Karl-Josef Groß, der hauptberuflich im Stellwerk in Windeck-Schladern arbeitet. Und auch seine Frau hat noch einen anderen, externen Beruf als Hauswirtschaftsmeisterin in Siegburg.

Das Ehepaar Anschütz-Groß ist in vielen Nachhaltigkeitsnetzwerken vertreten, unter anderem Mitglied bei der GEH Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V., bei Slow Food und ist zudem Partner von „Vielfalt lebt“, einem Biodiversitätsprojekt des Naturparks Bergisches Land. Karl-Josef Groß ist im Übrigen auch als Zweiter Vorsitzender des Fördervereins im Museumsdorfs Altwindeck aktiv. Er und seine Frau demonstrieren hier an Besuchertagen anschaulich, wie Handwerk, Vorratshaltung und Einkauf in früheren Zeiten funktionierte.

Mehr über das Museum gib es hier:

https//ira-schneider.de/auf-zeitreise-im-windecker-laendchen/

www.heimatmuseum-windeck.de

Lavendel: Wellnessnesskraut aus der Provence

... und Arzneipflanze des Jahres 2020

Lavendel-Duft erinnert an Urlaub in der Provence. Ab Ende Juni verwandelt sich die Landschaft im Vaucluse und in der Hochebene von Valensole in einen blauen Blütenteppich. Bis Mitte August ernten die Landwirte dort sukzessive das aromatische Heilkraut – dessen ätherisches Öl vor allem als Kosmetik- und Entspannungsmittel zum Einsatz kommt. Auch für den Balkon lohnt es sich, ein „pétit peu“ Südfrankreich nach Hause holen sollte. Vieles spricht dafür.

Duft und Farbe wirken entspannend

Nicht nur der Duft des Lavendels ist wohltuend für Geist und Seele. Auch seine blaue Farbe hat nach der Farbenwirkungslehre einen beruhigenden Einfluss. Als Pflanze für Fensterbrett, Balkon oder Terrasse ist Lavendel optimal geeignet, denn das mehrjährige Kraut liebt starke Sonne und verträgt gut Trockenheit. Der Lippenblütler gedeiht zudem auch auf sandigen, nährstoffarmen Böden und hält neben Rosen gepflanzt die Blattläuse von diesen fern. Neben dem Echten Lavendel (Lavandula augustifolia), der als Heilpflanze zum Einsatz kommt, sind bekannte Arten der Speick-, Schopf-, Zahn- oder Woll-Lavendel. Die getrockneten Blüten sind nicht nur ein Duftspender für den Wäscheschrank, sondern auch ein Mittel – um lästige Kleidermotten fernzuhalten.

Echter Lavendel gegen Stress, Schlaflosigkeit und Reizmagen

Wer keine Möglichkeit hat, die Pflanze in natura zu halten, der kann sich mit einem Fläschchen reinem Lavendelöl, getrockneten Lavendelblüten oder auch einem Lavendelsäckchen behelfen.

Das Öl des Echten Lavendels wirkt –  tropfenweise auf ein Riechtüchlein aufgetragen – gegen Stress, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit. Auch als Badezusatz vor dem Zubettgehen kann das Kraut dabei helfen, vom ausgefüllten Alltag runterzukommen oder bei Hauterkrankungen wie Ekzemen oder Hautpilz zur Besserung beitragen.

Zum Entspannen setzt man circa 20-100 Gramm getrocknete Lavendelblüten je 20 Liter Badewasser zu und lässt das Vollbad bei einer Wassertemperatur von 35-38 Grad Celsius circa 10-20 Minuten auf sich wirken. Bekannt sind getrocknete Lavendelblüten auch als Nerven und Darm beruhigender Tee. Für einen Lavendeltee rechnet man 1-2 TL getrocknete Lavendelblüten pro Tassenaufguss. Man lässt diesen etwa 5-10 Minuten durchziehen, bevor man ihn abseiht. Zur innerlichen Beruhigung und bei Reizmagen kann auch Lavendelöl auf ein Zuckerklümpchen aufgebracht verabreicht werden. Sowohl für die innerliche als auch äußerliche Anwendung von reinem Lavendelöl raten Experten allerdings zur Vorsicht, da das Kraut bei unsachgemäßer Anwendung toxisch wirken und zu schweren Verätzungen führen kann.

Aromatherapie

In der Aromatherapie wird das Öl des Echten Lavendels auch in Form von Raumdüften oder für Massagen eingesetzt.

Für ein entspannendes Raumambiente gibt man einen Tropfen Öl pro Esslöffel Wasser in eine Duftlampe. Im Sommer kann man mithilfe der Duftlampe im Freien sogar lästiges Ungeziefer vertreiben. Laut Experten haben sich hier vor allem Mischungen aus Speik-, Schopf- und Woll-Lavendelöl als effektiv gezeigt.

Als Amuse Gueule genießen

Kulinarisch kommt Lavendel hierzulande eher selten zum Einsatz. Getrocknete und zerkleinerte Blätter können allerdings in Fisch-, Lamm- und Eintopfgerichten mitgekocht werden. Das Kraut bereitet übrigens Gallengeplagten eine gut verdauliche Gaumenfreude. Die frischen oder getrockneten Blüten sind indes eine Augenweide für süße Nachspeisen und zaubern das gewisse Etwas auf Honig-Eis oder Crème brulée. Auch als Lavendel-Zucker zum Aromatisieren von Milchmix-Getränken ist das Heilkraut bekannt.

Dufte Pausen-Idee: Selbstgemachtes Lavendelsäckchen

Material für 1 Lavendelsäckchen

1 Stück Baumwollstoff (circa 14 x 28 cm)

Nadel und Faden

Für Nähfaule: alternativ ein Organza-Säckchen, ein Teenetz oder ein Strumpf

1 Stück Küchengarn oder eine Schleife zum Binden

20 g getrocknete Lavendelblüten

Anleitung

Den Stoff in der Mitte zusammenklappen, sodass die kurze Seite jeweils nach oben und nach unten zeigt. Die langen Seiten mit Nadel und Faden zusammennähen. Das Säckchen von links auf rechts drehen und mit den Lavendelblüten füllen. Mit Garn oder Schleife oben zusammenbinden. Sollte der Lavendelgeruch im Laufe der Zeit nachlassen, dann einfach das Säckchen mit frischen getrockneten Blüten neu befüllen oder mit Lavendelöl beträufeln.

Das Säckchen kann in einer „Pause vom Alltag“ als Duft- oder Riechkissen zum Einsatz kommen. Schließen Sie die Augen und schnuppern Sie an dem Säckchen! Es riecht sofort nach Urlaub in der Haut Provence.

Gut zu wissen

Echter Lavendel war schon im alten Ägypten und bei den Römern als Heil- und Kosmetikpflanze bekannt. Sein lateinischer Name „Lavandula“ stammt vom Wort „lavare“, auf Deutsch „waschen“.

Badesalz mit Lavendel ist ein hübsches Mitbringel für Freunde, das sich im Handumdrehen aus 500 g Totem Meersalz, 2 Esslöffel Lavendelblüten und 5 Tropfen Lavendelöl selber machen lässt. Das Rezept reicht für ein bis zwei Vollbäder.

Dieser Beitrag ist in Teilen in der LZ Rheinland Nr. 33 – 2018 erschienen.