Zu Besuch im Pickertland

In Ostwestfalen-Lippe prägten in früheren Zeiten Eier und Kartoffeln den Speisezettel der Landbevölkerung und haben bis heute ihre Spuren hinterlassen. Und so kam das heimische Ei kam fast täglich als Pickert auf den Teller. Seit dem 18. Jahrhundert ist der Pickert, ein Pfannkuchen, das Nationalgericht des Lipper, des Paderborner und des Ravensberger Lands. Es gibt ihn in so mannigfachen Varianten, dass man die Region auch gerne noch heute scherzhaft als „Pickertland“ bezeichnet.

Das heimische Ei: Täglich als Pickert auf den Teller

Aus dem Ravensberger Land stammt zum Beispiel der Lappenpickert, welcher sehr flach ist und ohne Hefe bereitet wird. In einer gusseisernen Pickertpfanne, auch „Plate“ genannt mit flachem Rand und zwei Henkeln bäckt man traditionell drei flache Küchlein aus, die dann aufeinander gelegt werden. Häufig legte man zum Schlachtfest fettes Schweinefleisch („Schmull“) zwischen die Lagen und nannte die Kreation dann Schmullpickert. Ein wenig an ein Rosinen-Weißbrot erinnert der Kastenpickert, der rund um Bielefeld und in Lippe-Schaumburg zu Hause ist. Die Pickertmasse wird in einer Kastenform im Ofen gebacken. Der Kastenpickert muss ausreichend ruhen, bevor er fest genug zum Anschneiden ist. Scheibenweise brät man ihn dann in der Pfanne aus.

Knusprige Eier- und Kartoffelkuchen mit Geschichte

Mit Aufkommen der ersten Kanonenöfen fanden die kleinen runden, leicht salzigen Mehlpfannkuchen mit geriebenen rohen Kartoffeln Einzug in die Alltagsküche. Als Hauptgericht, als Beilage zu Suppen oder auch als Zwischenmahlzeit zu einer Tasse Kaffee reicht man sie bis heute mit Butter, geräucherter Leberwurst, Rübenkraut oder Pflaumenmus. Wer es sich früher leisten konnte, der gab noch Rosinen, Zucker und mehr Eier in den Teig. Dieser wird – je nach Rezept – auch gerne mit Hefe angesetzt. Ursprünglich bereitete man den Pickert auf der gusseisernen, mit einer Speckschwarte abgeriebenen Platte des Küchenherdes. Das Wenden der Kartoffelpuffer kommt Zeitzeugen zufolge einem Kunststück gleich, denn häufig bleiben die Küchlein auf dem Herd oder in der Pfanne „pecken“ (kleben). Als Hilfsmittel zum Wenden benutzte man daher dünne Milchbretter, die man langsam unter das Gebäck schob und es dann rasch wendete.

Der Pickert als Brotersatz

In der Senne am Westhang des Teutoburger Walds, wo sandige Böden vorherrschen, bereitete man den Lappenpickert vorzugsweise mit heimischem Buchweizenmehl, zuweilen auch -schrot, und ohne Hefe. Die flachen, etwas zähen Küchlein dienten in Notzeiten als Brotersatz und schmecken auch so ähnlich wie eine Scheibe Vollkornbrot. Noch einmal aufgebacken sind sie auch am nächsten Tag mit Butter und Rübenkraut bestrichen noch köstlich!

Mannigfache Varianten laden bis heute zum Pickertessen ein

Der Pickert, früher ein Arme-Leute-Gericht, erfreut sich heute als regionale Spezialität in der Gastronomie und auch in Bäckereien großer Beliebtheit. Besonders den der damals reicheren Bevölkerung vorbehaltene Kastenpickert gibt es nach alten Familienrezepten auch auf Wochenmärkten frisch aus der Pfanne zu kaufen.

Beliebt sind ebenso die gemütlichen, über Stunden währende „Pickertessen“ als Gruppenmahlzeit im Restaurant.

Rezepte

Lappenpickert

(Foto 1 oben)

Zutaten für 4 Personen

1 kg geschälte und geriebene Kartoffeln

3 Eier

2-3 EL Buchweizenmehl oder -grütze

3-4 EL saure Sahne

Salz

Schmalz zum Ausbacken

Zubereitung

Aus Eiern, Mehl, saurer Sahne und Salz einen Teig bereiten. Die Kartoffelspäne ausdrücken, damit sie nicht zu feucht sind und darunter ziehen. Den Teig portionsweise als kleine oder jeweils einen großen Kuchen in der Pfanne ausbacken. Dazu passen Hering oder Räucherfisch oder Rübenkraut und Marmelade.

Gut zu wissen

Eine Variante des Pfannenpickert ist auch der „Ravensberger Lappenpickert“. Er wird ähnlich bereitet. Man nimmt für den Teig ein Drittel Mehl, ein Drittel Milch, ein Drittel geriebene rohe Kartoffeln und mehrere Eier. Er wird gerne aufgewärmt mit Butter oder Marmelade gereicht.

Gemüse-Pickert

(Foto 2 oben)

Zutaten für 8 Stück

¼ Stück von einer Steckrübe oder einem Kürbis

1 dicke Möhre

1 Schalotte

2-3 Eier

1 EL Schmand

Pfeffer, Salz

Rapsöl

Zubereitung

Steckrübe oder Kürbis und Möhre schälen und auf Stifte hobeln. Die Schalotte häuten und klein hacken. Die Eier mit dem Schmand und den Gewürzen vermischen und die Gemüse-Stifte unterheben. Den Teig portionsweise in der Pfanne in ausreichend Öl von beiden Seiten goldbraun backen. Dazu passt ein Salat und etwas körniger Frischkäse mit Frühlingslauch.

Tipp

Von dem Rest der Knolle lässt sich ein leckerer Eintopf bereiten. Das Rezept für Steckrübernragout findet sich unter dem Titel „Lippische Ananas“ ebenfalls im Küchenklassiker.

Buchtipp

Ab April 2025 in 2. Auflage erschienen:

Ira Schneider: Ostwestfalen-Lippe Küchenklassiker – Pickert, Pudding, Pumpernickel, Wartberg Verlag

Zu den Küchenklassikern geht es hier.

Und hier findet Ihr mehr Infos zur 2. Auflage.

Veröffentlicht von

redis

Ich schreibe und fotografiere zu genussvollen Themen. Von der Foto-Reportage über Rezept-Strecken bis hin zum Kochbuch. Als Food-Journalistin setze ich Kulinarisches in Szene - in Wort und Bild.