Birnen, www.die-fotokueche.de

Immer der Birne nach …

Kulinarisches Brauchtum rund um Lantershofen

Der Ort Lantershofen in der Grafschaft ist über seine Grenzen hinaus als Birnendorf bekannt. Ehemals zählte man in der Gemeinde 450 Birnbäume. Um die alte Tradition wieder aufleben zu lassen und auch um ein Zeichen gegen die Versiegelung landwirtschaftlicher Flächen zu setzen, hat der Förderverein Zukunft Lantershofen e.V. vor über zehn Jahren einen Birnensortengarten angelegt. Es folgte einige Jahre später ein Rundwanderweg zum Thema „Birne“. In diesem Jahr zur 1000-Jahr-Feier des Ortes sind ein zweiter Birnensortengarten oberhalb der spirituellen Tankstelle und ein Bienenlehrstand dazugekommen. Aber auch kulinarisch lässt man die Birne Jahr für Jahr aufs Neue „hochleben“ und setzt ihr mit einem eigenen Fest rund um den Birnenfladen „Maubich“ ein lukullisches Denkmal.

Streuobst für Mensch und Tier

Wie in vielen Gegenden ist auch in Lantershofen das Streuobst im Zuge der Flurbereinigungen in den 1970er Jahren zunächst abgeholzt worden. Die sparrigen Obstbäume prägten früher das Landschaftsbild, gliederten Feld und Flur und spendeten Mensch und Tier Nahrung sowie Schutz vor Sonne, Wind und Regen. In Lantershofen, das klimatisch schon von der Ahrregion mit ihrem Weinbau geprägt ist, war es von jeher die Birne, welche besonders gut gedeihte und zur Symbolfrucht und Wahrzeichen des Ortes wurde. Anders als der Apfel wurzelt die Birne tiefer und kann sehr viel besser mit Wärme und Trockenphasen umgehen. In Lantershofen gab es ehemals sogar sechs Obstbrennereien (heute existiert nur noch die Eifel-Destillerie) und diverse Krautproduzenten ansässig. Letztere waren landwirtschaftliche Betriebe, die im Nebenerwerb den süßen Sirup aus Birnen, Rüben und Äpfeln oder auch Birnenmus einkochten. Darüber hinaus bereiteten die Familien früher vom Streuobst auf ihren Wiesen Trockenobst. Die Birnenschnitze ließ man im Backes und anschließend in Leinensäcken unter dem Dach trocknen, bis sie kaum mehr Feuchtigkeit aufwiesen. Das machte sie lange lagerfähig und auch in Notzeiten verfügbar.

Maubichfest – ein Stück Tradition bleibt lebendig

Aus den beiden Hauptzutaten, dem Rübensirup und den getrockneten Birnenschnitzen, sowie einer Gewürzmischung mit Zimt, bereiteten die Familien früher zu Festen wie der Kirmes ein Mus, das man auf einen Hefefladen strich. Der Maubich, das Traditionsgebäck der Lantershofener, wird heute noch nach einem alten Geheimrezept gebacken und zum „Maubichfest“ am vorletzten Juli-Wochenende den Gästen kredenzt. Mit dieser Tradition, die durch die Junggesellen-Schützen-Gesellschaft St. Lambertus in den 1960er Jahren wiederbelebt wurde, bleibt die einzigartige Birnenspezialität in Lantershofen lebendig. Die Schützen ernten sogar im Herbst die Birnen rund um den Ort und verarbeiten das Obst zusammen mit den sogenannten „Brötchesmädche“ (junge Damen, die den Maubich servieren), sodass es auch im nächsten Jahr wieder Nachschub geben kann. Der traditionelle Birnenkuchen wird dann gemeinsam im großen Stil in der Bäckerei Valder im Nachbarort Karweiler gebacken. Und wer den Hefefladen probieren möchte, bekommt ihn nur zum Maubichfest, denn man kann ihn nicht kaufen. Eine wahre Rarität also!

Maubich heißt so viel wie Mus oder Matsch

Bei einem Blick in alte regionale Wörterbücher findet man das Wort „Maubich“, welches für eine Marmelade oder einen Schmier aus getrockneten Birnen steht. Auch das Wort „Maubes“ taucht auf. Es steht für Mus oder Schlamm. Und in der Tat sieht der bräunlich-musige Kuchenbelag des Birnenfladens ja auch ein wenig aus wie Schlamm. In der Eifel kannte man den Birnenkuchen früher auch unter den Namen Birrebunnes oder Bunnesfladem. „Bunnes“ war im Übrigen das Wort für die geringste Dienstmagd, die immer alle niederen Arbeiten machen musste. Da das Bereiten und Trocknen der Früchte eine irre Arbeit darstellt, könnte der andere Name für den Birnenkuchen daher stammen. Mit „Bunnes“ ist darüber hinaus auch ein kleines Obst gemeint. Der Name könnte also auch daher rühren, dass man früher in der Region um Kalenborn aus den „Säusbirre“ (Schweinebirnen, einer kleine süßliche Birnensorte) den Maubich herstellte.

Birnenrundwanderweg steht für Vielfalt

Der Birnenrundwanderweg in Lantershofen führt in 8,2 Kilometern rund um den Ort, wo wieder Birnbäume verschiedenster Sorten den Weg säumen. Wer – der Ausblicke wegen – empfohlenermaßen an der Installation „Rundes Fenster“ (Verlängerung der Elligstraße) einsteigt, läuft zunächst über Feldwege (bei klarem Wetter mit Ausblick auf das Ahrgebirge mit seinen Rebenhängen und die Landskrone bei Heppingen) vorbei auf den Ringener Friedhof und dann auf Karweiler zu. Durch die alten Gassen von Lantershofen mit historisch interessanten Gebäuden kommt man im Anschluss  – immer dem Birnensymbol nach – über den historischen Hohlweg „Schwallhüll“ über Rotweinwanderweg vor Ahrweiler zurück zum Ausgangspunkt. Am Wegesrand trifft man an insgesamt sechs Stationen auf imposante Holzkunstwerke, die von Studenten der Uni Trier eigens entwickelt wurden und zum Verweilen einladen. Ein Bienenlehrstand erinnert an die Bedeutung heimischer Vielfalt und deren Erhalt. Ohne Bienenvölker keine Bestäubung. Ohne Bestäubungsleistung keine Früchte. Gerade da, wo kein Erwerbsobstbau betrieben wird, ist es wichtig, Streuobst und alten Sorten den Vorzug zu geben. Denn diese bergen Heimat und Nahrung für eine Vielzahl von Kleinstlebewesen, die wichtig für unser Ökosystem sind. Im Birnensortengarten findet man daher 55 Birnbäume von 29 alten Sorten und auf einer Tafel insgesamt 50 alte Sorten, die an die einstige Vielfalt erinnern und auch heute wieder Appetit darauf machen sollen.

Alte Sorten kosten

Wer auf der Suche nach alten Sorten ist, kann zum Beispiel im Oktober beim „Tag der offenen Höfe“ (www.offene-hoefe.de) ein paar Orte weiter in Grafschaft-Gelsdorf noch Birnensorten wie Gellerts Butterbirne oder Vereinsdechantsbirne bei Direktvermarktern erwerben. Während sich frühreife Sorten wie Williams Christ oder die Frühe von Trevoux als saftig-süße Tafelbirne für den Sofortverzehr eignen, sind die späteren Herbst-Sorten auch zum Kochen, Backen oder sogar Lagern geeignet. Die Vereinsdechantsbirne und Alexander Lucas überzeugen mit einem süß-säuerlichen Aroma, die Köstliche von Charneux eignet sich hervorragend zum Einmachen und Gellerts Butterbirne zum Trocknen.

Birnensymbolik – wie die Birne inspiriert

Anders als der Apfel, der in der Bibel mit dem Sündenfall von Adam und Eva verknüpft ist, steht die Birne aufgrund ihrer weißen Blüte für die unbefleckte Empfängnis und die Reinheit Mariens. Man findet die Birne daher auch auf Matronenbildern. Darüber hinaus hat sie auch kulturhistorische Bedeutung als Fruchtbarkeitssymbol erlangt, denn sie sieht der weiblichen beziehungsweise schwangeren Figur ähnlich.

Eines steht fest: In Lantershofen ging man lange schwanger mit der Idee eines Rundwanderwegs und hat letztlich – inspiriert durch das Traditionsobst und mithilfe von EFRE-Fördermitteln, Geldern der Gemeinde und des Fördervereins „Zukunft Lantershofen“ – einen einzigartigen und abwechslungsreichen Themenwanderweg für jedermann geschaffen!

Beschreibung und Karte des Birnenrundwanderwegs

www.lantershofen.de/dorf-vereine/zukunft/rundwanderweg/

Leckere Birnenrezepte aus dem Band „Küchenklassiker aus der Eifel – Stampes, Strüh und Schlootematsch“ (Wartberg Verlag) und darüber hinaus

Maubich oder Birrebunnes

(Schwarzer Birnenfladen)

Zutaten für 1 Springform à 26 cm Durchmesser

Für den Hefeteig

250 g Mehl

1 Ei

2 EL Zucker

½ Hefewürfel

40 g weiche Butter

125 ml Milch

Für die Auflage

200 g getrocknete Birnen (20 getrocknete Birnenhälften)

200 g Zuckerrübensirup oder Birnenkraut

Je eine Messerspitze Zimt, Anis, Koriander

Etwas Zitronenabrieb

Zubereitung

Das Mehl in eine Schüssel geben und in der Mitte eine Mulde formen. Die Hefe zerbröseln und mit dem Zucker in die Mulde geben. Die Milch erwärmen und mit einem Teil der Milch die Hefe und den Zucker in der Mulde verrühren. Den Hefeansatz nun an einem warmen Ort gehen lassen, bis er Blasen wirft. Dann die Butter und die restliche Milch zugeben und zu einem Teig verkneten. Diesen abermals gehen lassen, bis er sich nahezu verdoppelt hat. Den Teig mit etwas Mehl aufarbeiten, sodass er nicht zu klebrig ist und dann auf Größe der Springform ausrollen. Den Teig in die gefettete Form einlegen und an den Rändern etwas hochziehen. Mit einer Gabel den Teig einstechen und beiseite stellen.

Die getrockneten Birnen am Vorabend in etwas Wasser einweichen und am nächsten Tag weichkochen und durch ein Sieb streichen oder pürieren. Dann den Zuckerrübensirup und die Gewürze zugeben. Die Masse auf den Hefeteig streichen und mit einer Gabel ein gitterförmiges Muster auf den Kuchen zeichnen. Den Kuchen rund 30 Minuten im vorgeheizten Backofen bei 180 Grad Celsius goldbraun backen.

Tipp

Die getrockneten Birnen gibt es im Naturkostfachhandel und im Internet zu kaufen. Birnenfans können auch gleich die doppelte Menge des Rezepts auf einem Blech backen und Reste einfrieren. Nach dem Auftauen noch einmal kurz im Backofen aufbacken. Schmeckt wie frisch!

Gestufte Birnen

Zutaten für 4 Personen 

4 festkochende Streuobstbirnen

1 Zimtstange oder 2 Nelken

Saft von 1 Zitrone oder ein Schuss Essig

250 ml Wasser

Zucker

1 Stich Butter

Stärkemehl zum Binden

Zubereitung

Die Birnen schälen und vierteln. In etwas Zuckerwasser mit der Zimtstange oder den Nelken und einem Schuss Zitrone oder Essig weichkochen. Mit etwas angerührtem Stärkemehl und Butter abbinden.

Tipp

Auch in herzhafter Form mit Speck und Bohnen schmeckt das Birnengemüse. Die gedünsteten Birnenstücke, gegarten Bohnen und Speckwürfel werden lediglich in etwas Butter geschwenkt.

Gut zu wissen

Gestufte Birnen waren eine beliebte Beilage zu Schweinebraten oder auch Wildfleisch, wenn man keine Bratäpfel oder kein anderes Gemüse hatte.

Buttermilchsuppe mit Birnen

Zutaten für 4 Personen

1,5 l Buttermilch, Zucker nach Belieben, 2 TL Speisestärke, 4 frische Birnen der Sorte Williams Christ oder eingemachte Birnen aus dem Glas, Saft und Abrieb von 1 Zitrone

Zubereitung

Die Birnen schälen, entkernen und auf Viertel schneiden und in etwas Zuckerwasser mit Zitronensaft pochieren. Abkühlen lassen. In der Zwischenzeit die Buttermilch mit etwas Zitronenabrieb langsam erwärmen – aber nicht kochen lassen, mit Zucker abschmecken und mit etwas angerührter Speisestärke binden. Die Buttermilchsuppe kalt oder warm mit den Birnen servieren.

Tipp

Nach Geschmack die Suppe mit Rosinen oder gehackten Nüssen dekorieren. Auch Trockenobst ist eine beliebte Einlage für die Buttermilchsuppe.

Birre-Schmeer

(Birnenaufstrich)

Zutaten für circa 8 Gläser à 220 ml 

3,5 kg Streuobstbirnen

500 g Zucker

2 aufgeschlitzte Vanillestangen, 1 Zimtstange, 5 Nelken

Zitronensaft oder Weißweinessig

Zubereitung

Birnen schälen, waschen und entsteinen. Die Früchte in einen großen Topf oder Bräter geben und mit dem Zucker und den Gewürzen gut vermengen. Die Masse einige Stunden oder über Nacht etwas Saft ziehen lassen. Im Backofen oder auf dem Herd das Mus bei mittlerer Hitze über 2-3 Stunden langsam einköcheln lassen und dabei gelegentlich umrühren. Je nach Süße der Früchte kann etwas Zitronensaft oder Essig zugegeben werden. Vor dem Abfüllen in die Gläser den Schmeer noch einmal bei voller Hitze kochen und anziehen lassen. Dann sofort in die sterilen Schraubgläser füllen und die Deckel fest verschließen.

Tipp

Auch der Schmeer ist ein köstlicher Belag für Hefekuchen. Er kann auch raffiniert mit Gin abgeschmeckt werden.


Veröffentlicht von

redis

Ich schreibe und fotografiere zu genussvollen Themen. Von der Foto-Reportage über Rezept-Strecken bis hin zum Kochbuch. Als Food-Journalistin setze ich Kulinarisches in Szene - in Wort und Bild.