Speise-Zwiebeln – zum Weinen lecker

Vielseitiges Gemüse mit Gesundheitsnutzen

Mal scharf, mal mild – mal mit brauner, roter oder weißer Schale – die Speisezwiebel ist ein vielseitiger Aromengeber. Kaum ein Fleisch- oder Gemüsegericht kommt ohne das Würzmittel aus. In einigen Rezepten spielt die Zwiebel sogar eine Hauptrolle. Ich habe dem Gemüse, das als sehr gesund gilt und uns regelmäßig zum Weinen bringt, für Euch unter die Schale geschaut.

Schärfe mit Geschichte

Die Zwiebel zählt mit zu den ältesten Kulturpflanzen. Seit rund 5000 Jahren schätzt man sie in vielen Ländern als Küchengewürz und Heilmittel. Die zur Familie der Amaryllisgewächse gehörende Zwiebelpflanze stammt ursprünglich aus Westasien und Ägypten, wo sie auch als Zahlungsmittel und Grabbeigabe diente. Römische Soldaten brachten das Gewächs nach Mitteleuropa, wo es zunächst in den Klostergärten seinen festen Platz fand. Wann die Zwiebel schließlich nach Deutschland kam, ist nicht genau belegt. Im „Capitulare de villis“, der Landgüterverordnung Karls des Großen, in welcher der Landesherr im 8. Jahrhundert den Anbau von empfehlenswerten Sorten zur Ernährung der Bevölkerung vorschrieb, findet sich die Küchen- oder auch Speise- und Sommerzwiebel unter der Bezeichnung „Allium cepa“. Darüber hinaus sind weitere Lauch- und Zwiebelsorten mit Namen „uniones“, „britlae“, „porri“, „ascaloniae“, und „alium“ aufgeführt.

Erste Zwiebelgewächse im Anbau

In ihrem Band „Obst, Gemüse und Kräuter Karls des Großen“ (Verlag Philipp von Zabern, 2008) schreiben die Herausgeber Karl Josef Strank und Jutta Meures-Balke, dass ungewiss sei, „welche botanische Art sich hinter den (…) uniones“ verbirgt. Schnittlauch, Breitlauch/Porree, Schalotte und Küchenzwiebel sowie Knoblauch können indes für die Zeit Karls des Großen als Zwiebelgewächse im Anbau identifiziert werden. Darüber hinaus sei Bärlauch, der mit Zwiebeln und Porree in die Gattung Allium gehöre, „ein wohl schon in urgeschichtlicher Zeit genutztes Wildgemüse“. Die Winterheckzwiebel (Allium fistulosum L. oder Welsh onion) sei „vermutlich erst seit der frühen Neuzeit in den Gärten gezogen worden“.

Sortenvielfalt und -eigenschaften

Die Winterzwiebel hat im Vergleich zur Sommerzwiebel einen etwas milderen und saftigeren Geschmack. Sie wird erst im August in die Erde gebracht und im folgenden Sommer ab Juni geerntet. Die Aussaat der Sommerzwiebel, welche hierzulande als Sorte dominiert, erfolgt im Frühjahr. Sie wird von August bis Oktober geerntet und hält sich trocken und luftig gelagert im kühlen, dunklen Keller einige Monate lang. Neben der „Allium cepa“, der Gemeinen Zwiebel – wie man die Sommerzwiebel auch nennt, findet sich über die Winterzwiebel und die große, aber milde Gemüsezwiebel hinaus noch die Schalotte und die Silberzwiebel, beide sind kleine – aber schmackhafte – Exemplare in der Zwiebelfamilie. Die Schalotte, ihrer Herkunft nach auch gerne als Askalonzwiebel oder Eschlauch bezeichnet, zeichnet sich durch ihr fast violettes Fleisch und ihren süßlich-milden Geschmack aus. Die Silberzwiebel, der die schützende Außenhaut fehlt, ist besonders empfindlich und wird daher fast ausschließlich als Sauerkonserve angeboten. Häufig wird die Silberzwiebel mit der Perlzwiebel verwechselt, welche jedoch zur Unterfamilie der Lauchgewächse zählt und eine weiß bis silbrig schimmernde Außenhaut besitzt.

Slow Food Arche-Passagier Höri Bülle

Echte Zwiebelfans geben sich nicht nur mit der gewöhnlichen Haushaltszwiebel zufrieden. Sie möchten die ganze Bandbreite des Zwiebelsortiments auskosten und haben für verschiedene Zwecke immer den richtigen Scharfmacher zur Hand. Auch alte und selten gewordene Sorten wie die rote Zwiebelsorte Höri Bülle, ein Slow Food Arche-Passagier, vom Bodensee zählen bei Kennern zu den begehrten Schätzen. Die Sorte zeichnet sich durch ein zartes Aroma und eine milde Schärfe aus, weswegen sie auch roh sehr schmackhaft ist und gerne für regionale Wurstsalate verwendet wird. Erst beim Garen entwickelt sie ihre Schärfe, ohne dass dabei ihre rote Farbe verloren geht. Schwerpunktmäßig wird diese besondere Zwiebel in den Orten der vorderen Halbinsel Höri, die sich zwischen dem badischen Radolfzell und dem schweizerischen Stein am Rhein in den Bodensee schiebt, angebaut. Bereits im 8. Jahrhundert erwähnen die Geschichtsschreiber des Klosters Reichenau die rote Zwiebel. Da die Höri Bülle wegen ihrer flachen, bauchigen Form aufwändig zu sortieren ist, eine weichere Konsistenz besitzt und nur bis zum Frühjahr lagerfähig ist, hat sie es heute schwer. Nur noch wenige Landwirte bauen die aromatische Sorte an.

Slow Food-Zwiebelraritäten weltweit

Ähnlich steht es um ihre „internationalen Arche-Kollegen“. In Frankreich ist die längliche Trébons-Zwiebel, in Italien die rote Acquavive-Zwiebel (Provinz Bari), die weiße Cannara-Zwiebel (Umbrien) und die rosa Certaldo-Zwiebel (Toskana), in Japan die die Amarume-Frühlingszwiebel, in Spanien die milde Monquelin-Zwiebel und in den USA die pfeffrige I’Itoi-Zwiebel in die Slow Food Arche des Geschmacks aufgenommen worden. Mit dem Motto „Erhalten durch Aufessen“ macht Slow Food mit dem Arche-Projekt weltweit auf existenziell bedrohte Nutzpflanzen, -tiere und Lebensmittel aufmerksam, die zu verschwinden drohen. Um die Vielfalt im Zwiebelsortiment zu erhalten, aber auch weil es sich um Produkte mit gutem Geschmack und identitätsstiftendem Charakter für eine bestimmte Region handelt, setzt sich Slow Food für diese Raritäten ein.

Gesundheitsaspekte des Gemüses

Schon der mittelalterliche Arzt und Alchemist Paracelsus (1493-1541) hielt in seinen Schriften fest, dass Zwiebeln so viel Wert seien wie eine ganze Apotheke. In der Volksheilkunde kommt die rohe Zwiebel und deren Saft innerlich als auch äußerlich angewendet schon lange zum Einsatz. Vor allem bei Erkältungen und Heiserkeit, bei Atemwegserkrankungen, Insektenstichen, Hautunreinheiten und Darmerkrankungen greift man gerne auf das Gemüse zurück. Neben reichlich Vitamin C liefert die Zwiebel Folsäure, Eisen und Kalium. Heute weiß man außerdem, dass sekundäre Pflanzenstoffe in der rohen Zwiebel, die sogenannten Sulfide, nicht nur für das typische Zwiebelaroma verantwortlich sind, sondern sich auch zu schwefelhaltigen Bioaktivstoffen umbauen. Unter anderem enthalten Zwiebeln antibiotisch wirkende Stoffe wie Allicin. Diese wirken nicht nur keimhemmend, sondern auch positiv auf das Herz-Kreislauf-System und die Verdauungsorgane. Der Zwiebel wird darüber hinaus antioxidative Wirkung zugesprochen, weswegen sie als Krebs vorbeugend empfohlen wird.

Manchen Menschen bereitet der Genuss von rohen Zwiebeln allerdings Probleme, was bereits Hildegard von Bingen beobachtete und zu mäßigem Genuss oder gegarten Zwiebeln riet. „Die Zwiebel lagert keine Stärke, sondern Fruktane ein. Da der menschliche Darm nicht in der Lage ist, diese zu verarbeiten, gelangen sie unverdaut in den Dickdarm und werden dort verstoffwechselt. Dabei entstehen Gase, die ihren Geruch den Abbauprodukten der Fruktane sowie schwefelhaltigen Inhaltsstoffen verdanken. Gewürze wie Kümmel und Oregano können helfen, die Winde zu verringern“, weiß Ernährungsexpertin Heike Stommel vom Bundeszentrum für Ernährung.

Küchenkniffe rund um die Zwiebel

Wer kennt das nicht? Man freut sich auf ein leckeres Gulasch und dann muss man erst einmal ordentlich weinen vom vielen Zwiebelschneiden. Die ätherischen Öle des Gemüses, vor allem das Allicin, reizen die feinen Schleimhäute in Augen und Nase. Es gibt jedoch einige Kniffe, schreiben die Zwiebelexperten Evemarie und Frank Löser in ihrem Band „Zwiebeln – Herkunft, Anwendungen und Rezepte“ (Demmler Verlag, 2010), die den Austritt der Sulfide mindern. Unter anderem raten die Experten dazu, Hände, Messer und Schneidebrett kurz unter kaltem Wasser abzuspülen, eine kalte Zwiebel zu verwenden, diese zuerst zu halbieren und mit der Schnittfläche auf das kalte Schneidebrett zu legen. Man könne auch die geschälte Zwiebel unter kaltem Wasser abspülen. Last but not least solle man den Kopf beim Schneiden nicht direkt über der Zwiebel platzieren und immer ein scharfes Messer verwenden. Das Schneiden in einem Blitzhacker mache die Zwiebeln allerdings – genauso wie langes Stehen –  bitter.

Dies ist ein Auszug meines Zwiebel-Beitrags, der im Slow Food Magazin 01/2018 und ebenso im BIO-Magazin 5/2018 (beide oekom Verlag, München) erschienen ist.

Zwiebel-Rezepte für die kalte Jahreszeit

Die Rezepte stammen aus meinem Band „Saarländische Küchenklassiker – Kerschdscher, Schweinskäs und Zwiwweltunk“, der im Herbst 2019 im Wartberg Verlag erschienen ist.

Zwiebelsuppe

Zutaten für 4 Personen

1 kg Zwiebeln

2 Knoblauchzehen

3 Scheiben altbackenes Weißbrot

1 EL Butterschmalz

1,5 l Wasser oder Brühe

250 ml trockener Weißwein

je ½ TL getrockneter Basilikum, Thymian, Oregano

1 Lorbeerblatt

Salz, Pfeffer

150 g geriebener Emmentaler

Frische Kräuter zum Dekorieren

Zubereitung

Die Zwiebeln schälen und in Ringe schneiden. Den Knoblauch ebenfalls schälen und fein hacken oder durch eine Knoblauchpresse geben. In einem ausreichend großen Topf Zwiebelringe und Knoblauchzehen mit dem Schmalz anschwitzen. Mit Wasser oder Brühe und Weißwein ablöschen. Die getrockneten Kräuter und das Lorbeerblatt zugeben. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und die Brühe circa 20-30 Minuten köcheln lassen. Das Lorbeerblatt entfernen und die Suppe in feuerfeste Suppenförmchen geben. Die Weißbrotscheiben würfeln und die Würfel auf die Suppe in den Förmchen geben. Den Käse darüberstreuen und im Backofen circa 5 Minuten überbacken. Die heiße Suppe mit frisch gehackten Kräutern bestreuen und servieren. 

Tipp

Dazu passt ein kühler trockener Weißwein. Verwenden Sie für Suppe und Begleitgetränk denselben – das harmoniert!

Gut zu wissen

Etwas Kümmel macht die Suppe bekömmlicher und gibt ihr noch einmal eine besondere Note.

Hausmacher Griebenschmalz

Zutaten für ein Glas à 250 ml

200 g Griebenschmalz oder

125 g Gänseflomen, 65 g Schweineschmalz und 50 g durchwachsene Speckwürfel

½ feingewürfelte Zwiebel

Salz

nach Geschmack frischer oder getrockneter Majoran

Zubereitung

2 EL Schmalz in einem Topf erhitzen. Die Zwiebel- und Speckwürfel darin dünsten. Den Rest Schmalz zugeben. Alles bei schwacher Hitze ein paar Minuten ziehen lassen. Mit Salz und Majoran abschmecken. Die Masse abkühlen lassen und in ein Schraubglas oder eine Servierschale füllen. Dazu passt ein deftiges Steinofenbrot.

Tipp

Gekühlt hält sich das Schmalz über mehrere Wochen im Kühlschrank. Im Winter lassen sich mit dem Schmalz Eintöpfe und Fleischgerichte verfeinern.

Gut zu wissen

In der Bauernapotheke sind Zwiebeln ein wichtiges Heilmittel. So bereitete man früher aus Zwiebeln einen Hustensirup. Bei Ohrenschmerzen griff man zur Zwiebelpackung.

Veröffentlicht von

redis

Ich schreibe und fotografiere zu genussvollen Themen. Von der Foto-Reportage über Rezept-Strecken bis hin zum Kochbuch. Als Food-Journalistin setze ich Kulinarisches in Szene - in Wort und Bild.