Je holler, desto doller

Saison für Holunder

Schwarzer oder Echter Holunder gehörte früher in jeden Bauerngarten. Als Augenweide, Gaumenschmaus und Heilmittel ist er von alters her bekannt. Auch die zeitgemäße Küche setzt auf das Wildobst in vielerlei Varianten. In der Getränkebranche zählt das Wildobst seit geraumer Zeit zu den „Superfruits“.

Verwendungszwecke und Brauchtum rund um den Holunderstrauch

Dass Sambucus nigra zweifelsohne wohlschmeckend, gleichzeitig wohltuend sowie reich an gesundheitsfördernden Substanzen ist, wussten schon die Germanen. Niemand Geringerer als der Fruchtbarkeitsgöttin Freya weihten sie den Holunderstrauch. Der Volksmund bezeichnet den Holler- oder Fliederbeerenstrauch nicht umsonst als „Apotheke des kleinen Mannes“. Auch die Trend-Gastronomie hat im Zuge der Natürlich-Welle das Wildobst wiederentdeckt und setzt einerseits auf die duftigen Blütenextrakte für Aperitife, Sirupe, Gelees, Pralinen, Desserts oder Essige, andererseits auf die dunklen, apart-herben Holunderbeeren, die geschmacklich und auch farblich in Eissorbets, Milchshakes, Cocktails oder Schorlen Akzente setzen.

In der Küche: mal duftig, mal herbsauer

Während die Blüten in der frühsommerlichen Konfitürenküche mit lieblich-blumigen Kompositionen Aufsehen erregen, geht es im Herbst mit den Beeren kräftig, zuweilen deftig oder auch herbsauer zu. Aus dem aromatischen Wildobst lassen sich Säfte, Gelees, Konfitüren, Fruchtsuppen, Chutneys oder Liköre zubereiten. Besonders gut harmonieren Holunderbeeren mit süßen Äpfeln oder als fruchtiges Chutney mit Äpfeln und Zwiebeln oder Ingwer. Die selbstgekochte Würzsauce schmeckt nicht nur zu warmem oder kaltem Fleisch – vorzugsweise Wild und Geflügel, sondern mit ihr lassen sich auch Bratenfonds oder Rotkohl prima abrunden.

Ab Mitte August färben sich die Holunderdolden, an denen sich den Frühsommer über kleine grüne Beeren gebildet haben, tiefblau bis schwarz. An Böschungen, Waldrändern, in Parks, aber auch in Privatgärten wächst der Holunderstrauch – der drei bis zehn Meter hoch werden kann. Das sparrige Gehölz erfreut sich als Bienenweide und Nistmöglichkeit sowie ebenso als Nahrungsquelle für Vögel großer Beliebtheit. Holunderbeeren-Sammler müssen daher mit Konkurrenz aus der Vogelschar rechnen. Wer es dennoch geschafft hat, einige Kilos des heißbegehrten Wildobstes zu ergattern, sollte die wilden Früchtchen nicht roh verzehren, sondern auf über 80 Grad Celsius erhitzen. Denn roher Holunder enthält den Giftstoff Sambunigrin, der Übelkeit, Krämpfe und Durchfälle auslösen kann. Im Übrigen sollten Holunderdolden erst geerntet werden, wenn sich nur noch zwei bis drei unreife, rote Beeren pro Holunderdolde zeigen. Mit einer Gabel lassen sich die Beeren einfach von der Dolde streifen, die unreifen Beeren vor dem Verarbeiten aussortieren.

Wild und gesund

Wildobstarten wie der Schwarze Holunder sind züchterisch nicht oder nur wenig bearbeitet und gelten daher als sehr gesund. Sie sind reich an Mineralstoffen und machen vor allem wegen ihres hohen Vitamin-C-Gehalts von sich reden. Sie beinhalten farbgebende Anthocyane und weitere sekundäre Pflanzenstoffe wie Flavonoide und Carotinoide. Diese können im menschlichen Organismus zellschützend und vorbeugend gegen Krebs wirken. Nicht nur die schwarzblauen Beeren, sondern auch andere Pflanzenteile des Holunders sind in der Heilkunde hoch geschätzt. „Holunderblüten enthalten wie das Aspirin Salizylsäure; diese wirkt schweißtreibend, fiebersenkend und gilt als Wundermittel bei Erkältungen“, schreibt die Buchautorin und promovierte Landschaftsökologin Elisabeth Mayer in ihrem Buch über Wildfrüchte, -gemüse und -kräuter, das im Leopold Stocker Verlag erschienen ist. Neben Holunderblütentee empfiehlt sie auch heiße Zitrone mit Holunderblütensirup. Hollerrinde, von jungen Zweigen geerntet, aber auch Blätter können als Badezusatz, und Tee bei Rheuma, Gicht und Gelenkschmerzen eingesetzt werden. Auch für die Kräuterin Hanni Reichenvater ist der Holunder ein Muss für Garten, Hausapotheke und Küche. In ihrem Band „Heilmittel und Hauskräuter im Jahresverlauf“ (Leopold Stocker Verlag) gibt sie für Einsteiger Schritt-für-Schritt-Anleitungen zum Sammeln, Trocknen, Aufbewahren und Verwenden der Heilkräuter.

Für kosmetische Zwecke

Aber der Holler kann noch mehr: Im alten Rom schätzten die Damen den blauschwarzen Holundersaft als Färbemittel für ihr Haar. „Holundersaft diente schon immer zur Färbung von Stoffen und Leder. Je nach zugesetzter Säure entstanden rote, schwarze oder blaue Farbtöne“, schreiben Edith Beckmann und Stefan Bausch in ihrem Buch „Holunder“ (Hädecke Verlag), das nicht nur vielseitige Rezepte aus der Holunderküche enthält, sondern auch über das Brauchtum, Holunderarten und den Anbau im Hausgarten informiert. Ein altbekanntes Mittel gegen rissige Haut ist eine Holunderblütensalbe auf Basis von gepresstem Mandelöl und Bienenwachs. Auch als Tinktur zum Auftragen, als Dampfbad oder „von innen“ in Form einer Teekur wirkt Holunder hautreinigend. Die Faistenauer Hofkäserei im Salzburger Land stellt aus Holunder verschiedenste Naturkosmetik her, die man im Hofladen kaufen kann. Eine gerührte Holundersahne mache die Haut weich, geschmeidig und verbessere das Hautbild, schreibt der Betrieb auf seinen Internetseiten.

Mythologisches rund um den Hollerbaum

Im Hollerbaum vermutete man in vorchristlicher Zeit den Sitz der Baumgöttin Holda oder Holla, die die Natur beschützt und Krankheiten heilen kann. „Die positive Wirkung des Strauches auf die Menschen war für unsere Vorfahren so wichtig, dass an jedem Haus ein Holunderstrauch stehen musste. Durch den intensiven Geruch der Blätter und Blüten, die eine fliegenabwehrende Wirkung haben, wurde dieser Strauch besonders gerne an Stallgebäuden gepflanzt“, weiß Walter Heidenreich, Kreisfachberater für Gartenkultur und Landespflege im Landratsamt Neustadt an der Waldnaab. Bekannte Märchen wie das von Frau Holle bei den Brüdern Grimm oder das vom Fliedermütterchen bei Hans Christian Andersen ließen sich von der Baum-Sage inspirieren. Die Ehrfurcht vor dem Holunderbusch war so groß, dass es als Unheil bringend galt, einen Hollerbusch zu fällen. „Besonders in den Gebieten des heutigen Bayern, Schwaben, Elsass und in der Schweiz wurde die Göttin Holda oder auch Holla sehr verehrt“, so Walter Heidenreich.

Von Holunderköniginnen und -festen

Ganz besondere Ehre wird dem Holunder in den letzten Jahren im Waldnaabtal/ Oberpflalz zuteil. Inspiriert durch die Heilpflanze und ihre kulturelle Bedeutung setzte man dem heilenden Wildobst erstmals zu den Nordgautagen, einem Fest der Kultur und Denkmalpflege, das am 31.05.1992 in Weiden/Oberpfalz stattfand, mit der Krönung einer Holunderkönigin ein ganz besonderes Denkmal. 1996 ließ sich der Landkreis Neustadt an der Waldnaab davon beflügeln und feiert seitdem am ersten Sonntag im Juni ein Holunderblütenfest.

Alle zwei Jahre kürt man darüber hinaus eine neue Holunderkönigin. Diese muss nicht nur charmant sein, sondern sollte sich auch eng mit der Natur verbunden fühlen. Denn zu ihren Aufgaben gehört es, bei Veranstaltungen im Bereich der kulturellen Landespflege den Landkreis zu repräsentieren. Dabei ist auch Pflanzenwissen gefragt. „Den Festbrauch hat es in der Form zuvor hier in der Region nicht gegeben, jedoch haben wir ihn nun etabliert, weil er uns allen so viel kulinarische Freude bereitet“, so Mitinitiator Walter Heidenreich. Zwischenzeitlich ist sogar eine Rezeptbroschüre entstanden, in der der Kreisverband Neustadt/Waldnaab Geschichtliches, Rezepte und Tipps rund um die Zubereitung von Holunder zusammengestellt hat. „

„Auch andere Gemeinden in der Oberpfalz haben nun Holunderblütenfeste ins Leben gerufen, feiern mit Einheimischen und Fremden. Kurzum: Wenn der Holler blüht, zieht es viele ins Waldnaabtal“, so Walter Heidenreich und fügt hinzu, dass der Strauch ja auch etwas mit den „Frühlingsgefühlen“ zu tun habe. Nicht umsonst laute ein bekannter Spruch aus dem Thüringer Wald: „Auf Johannis blüht der Holler, da wird die Liebe noch doller.“

Jetzt ist aber erst einmal Herbst und die Holunderbeeren sind reif. Doch das nächste Frühjahr kommt bestimmt!

Dies sind Auszüge aus einem Beitrag, der in Heft 05/2011 des Slow Food Magazins erschienen ist.

Mehr zur Holunderblüte:

Sommeräpfel – erfrischend säuerlich

An apple a day …

Viele kennen ihn noch von früher – den Weißen Klarapfel. Der blumig duftende grün-gelbe Apfel läutet Ende Juli/Anfang August die Früh-Apfelsaison ein. Heute gibt es weitaus mehr frühe Sorten, die sich zum Frischverzehr, aber auch für sommerliche Küchen-Kreationen eignen.

Reife zur Korn-Ernte

Als August-Apfel, Hafer-Apfel oder Jacobia-Apfel kennt man den Weißen Klarapfel bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Besonders gerne wurde der Apfel in Privatgärten als Schattenspender und zum Frischeverzehr des Obstes gepflanzt. Denn sein prickelnd-säuerliches Aroma hält nur wenige Tage an. Danach wird das Fruchtfleisch schnell weich und mehlig.  

Sommerküche

Weitere Sorten, die zu den Sommeräpfeln zählen, aber etwas längeren Genuss versprechen, sind zum Beispiel James Grieve, Julka oder Retina. Im Supermarkt-Regal findet man die Sorten kaum, aber beim Apfelbauern um die Ecke. Das Aroma der Sommer-Äpfel lässt sich als herzhaft, mit betonter Säure und ähnlich dem Gravensteiner Apfel, der Ende August reif ist, einordnen. Erfrischende Obstsalate und Apfelmus, feine Kaltschalen und Schichtdesserts, leckere Apfeltartes, Strudel und vieles mehr lässt sich in der Sommerküche aus den frühen Sorten zaubern. 

Hier einige Inspirationen …

Apfelmus

Zutaten für 4 Personen

1500 g Äpfel

300 ml Wasser

Zucker

Vanillezucker und Zimt

Zubereitung

Die Äpfel schälen, auf Viertel schneiden und das Kerngehäuse entfernen. Das Obst mit dem Wasser in einen Topf geben und weich kochen lassen, bis ein musiger Brei entsteht. Gelegentlich umrühren und nach Bedarf etwas Wasser nachgießen. Nach Geschmack mit Vanillezucker und Zimt abschmecken.

Tipps

Sehr kleine Äpfel können auch mit Schalen gekocht werden und man passiert das Mus dann durch eine flotte Lotte.

Wer Apfelmus für den Wintervorrat haltbar machen will, füllt es in Schraubgläser. Diese werden in einen großen Topf, am besten auf ein Küchenhandtuch aus Baumwolle gestellt, sodass sie nicht wackeln oder anstoßen. Die Gläser sollten zu Dreiviertel im Wasser stehen und rund 40 Minuten bei knapp unter 100 Grad Celsius einkochen.

Apfel-Schicht-Dessert

Zutaten für 4 Personen

4 Haferkekse

400 g Apfelmus

400 g Naturjoghurt

Zubereitung

Die Kekse zerkrümeln. Das Apfelmus auf 4 vorbereitete Gläser verteilen (noch etwas Mus für die Deko übrig behalten). Den Joghurt darüber schichten. Mit dem restlichen Apfelmus und den Kekskrümeln dekorieren.

Tipp

Wer das Dessert in Bügel- oder Schraubgläser schichtet, kann es auch für unterwegs zum Picknick oder als Pausensnack für die Arbeit einpacken.

Cremiges Apfel-Eis

Zutaten für 1100 ml

500 ml Naturjoghurt (4 % Fett)

400 g Apfelmus

1 Prise Zimt

Saft von ½ Zitrone

nach Geschmack einen Schuss Calvados

200 ml steif geschlagene Sahne

6-8 EL Puderzucker

Die Zutaten miteinander verrühren, die steif geschlagene Sahne unterheben. Mit dem Puderzucker und dem Calvados abschmecken. Die Masse in einen Behälter füllen und im Gefrierfach gut 3-4 Stunden frieren lassen. In der Zwischenzeit gelegentlich umrühren, sodass die Masse cremig bleibt.

Tipp

Wer eine Eismaschine hat, kann die Masse auch darin bereiten. Auch mit Birnen- oder Quittenmus ist das Rezept lecker!

Apfeltarte mit Holunderblütensirup-Guss

Zutaten für 1 Spring- oder Tarteform à 26 cm

Für den Hefeteig

200 g Mehl

2 EL Zucker

¼ Hefewürfel

40 g weiche Butter oder mildes Rapsöl

100 ml Milch

Für die Apfelauflage

3-4 mittelgroße Äpfel

Saft von 1 Zitrone

Für den Guss

150 ml Wasser

100 ml Holunderblütensirup

1 Päckchen Tortenguss (klar)

Für die Dekoration

Gehackte Pistazien

Zubereitung

Aus den angegebenen Zutaten einen Hefeteig bereiten. Die Äpfel schälen und auf Viertel schneiden. Das Kerngehäuse entfernen und die Viertel auf 3 mm dicke Scheiben schneiden. Während der Teig geht, die Äpfel mit dem Zitronensaft marinieren. Den dünn ausgerollten Hefeteig in eine Tarte- oder Springform geben, an den Rändern etwas hochziehen und mit den Äpfeln schuppenartig (von außen beginnend) belegen.

Den Kuchen bei 180-200 Grad Celsius im vorgeheizten Ofen gut 30-40 Minuten backen lassen, bis der Teigrand goldbraun ist.

Die Tarte etwas abkühlen lassen. In der Zwischenzeit den Tortenguss bereiten. Die Zutaten in einen Topf geben und gut verrühren. Unter Rühren aufkochen lassen, bis der Guss anzieht. Etwas abkühlen lassen und von der Mitte her auf der Tarte verteilen. Wenn der Guss fest ist, die gehackten Pistazien am Rand aufstreuen.

Mit Schlagsahne servieren!